Kanzlei Christiane Claaßen, Rechtsanwältin und Notarin

Kündigungsschutz

Hinweise für Arbeitnehmer


Kennen Sie als Arbeitnehmer eigentlich Ihre Rechte im Fall einer Kündigung?

Nicht immer läuft es bei der Arbeit zwischen Ihnen und dem Chef harmonisch ab und plötzlich halten Sie eine Kündigung in den Händen. Was nun tun?

Das Allerwichtigste zuerst:
1. Unterzeichnen Sie niemals - wirklich niemals! - einen Aufhebungsvertrag, ohne diesen vorher einem Rechtsanwalt zur Prüfung vorgelegt zu haben!
In der Regel wird Ihnen der arbeitsrechtlich versierte Kollege oder die Kollegin ohnehin davon abraten, einen solchen zu unterschreiben.
2. Gehen Sie unmittelbar nach Erhalt einer Kündigung sofort zum Rechtsanwalt!
Denn die Frist, um gerichtlich gegen eine Kündigung vorzugehen, beträgt lediglich 3 Wochen (!) ab Zugang der Kündigung. Danach ist die Kündigung rechtskräftig und das Arbeitsverhältnis beendet!

Naturgemäß befinden Sie sich als einfacher Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber in einer schwächeren Position im Fall einer Kündigung. So muss es aber nicht sein, wenn für Sie der Kündigungsschutz der deutschen Gesetze greift.

So kann für Sie der allgemeine Kündigungsschutz in Frage kommen, wenn
- Sie in einem Betrieb mit mehr als 10 Arbeitnehmern arbeiten und
- Sie dort länger als 6 Monate beschäftigt sind.

Dann braucht der Arbeitgeber nämlich einen gesetzlichen Kündigungsgrund, um dem Arbeitnehmer arbeitsrechtlich korrekt kündigen zu können.

Gemäß Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist eine Kündigung nur aus drei Gründen möglich:
- Betriebsbedingte Gründe
- Verhaltensbedingte Gründe
- Personenbedingte Gründe.

Der Arbeitgeber muss selbstverständlich Auskunft darüber erteilen, welche Kündigungsgründe nach seiner Auffassung vorliegen. Ob dieser Grund dann auch tatsächlich vorliegt, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Nicht jeder Grund reicht vor Gericht aus.

Noch eines zur personenbedingten Kündigung: Personenbedingte Gründe liegen z.B. auch bei krankheitsbedingter Kündigung vor. Hartnäckig hält sich noch das Gerücht, dass im Fall einer Krankheit Kündigungsschutz bestünde. Das ist jedoch so nicht richtig.Nach deutschem Recht kann Krankheit einen Kündigungsgrund darstellen, wenn der Arbeitnehmer dauerhaft erkrankt ist, auf lange Sicht arbeitsunfähig sein wird oder sehr häufig kurz erkrankt ist. So muss eine negative Gesundheitsprognose für den Arbeitnehmer bestehen.

Sind Sie in einem sogenannten Kleinbetrieb, d.h. mit nicht mehr als 10 Arbeitnehmern oder aber weniger als 6 Monate beschäftigt, hat der Arbeitgeber ein wesentlich flexibleres Kündigungsrecht. Dann sieht es für Sie deutlich schlechter aus.

Kein Grund jedoch, den Kopf in den Sand zu stecken und die Kündigung einfach hinzunehmen. Denn hier kommen wir ins Spiel!

Denn nur weil der allgemeine Kündigungsschutz des deutschen Gesetzes hier nicht greift, heißt das nicht, dass der Arbeitgeber seine Beschäftigten ohne weiteres kündigen kann. Sobald der Arbeitgeber mit seiner Kündigung gegen die guten Sitten, Treu und Glauben oder gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist auch diese Kündigung unwirksam.

Fallstricke für den Arbeitgeber können hier z.B. sein:

- das Maßregelungsverbot gem. § 612a BGB
Gem. § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Beschäftigten nicht benachteiligen, weil dieser seine ihm zustehenden Rechte ausübt. Wenn Sie sich also beispielsweise weigern, unzulässige Überstunden abzuleisten und spricht der Arbeitgeber daraufhin die Kündigung aus, ist diese wegen des Maßregelungsverbots unwirksam.

- das Benachteiligungsverbot
Im Fall einer Kündigung darf der Arbeitgeber beispielsweise Vollzeit-Beschäftigte nicht Teilzeit-Beschäftigten vorziehen. Genauso darf er nicht durchblicken lassen, dass er einem Arbeitnehmer kündigt, weil dieser beispielsweise weiblich oder aber älter als andere Arbeitnehmer ist. In diesen Fällen greift das Benachteiligungsverbot. Auch dann ist eine Kündigung unwirksam.

- Betriebsratsanhörung
Gem. § 102 Betriebsverfassungsgesetz ist ein Betriebsrat (falls ein solcher besteht) vor Ausspruch einer Kündigung zu hören. Dabei ist dem Betriebsrat mitzuteilen, aus welchen Gründen die Kündigung ausgesprochen werden soll. Hierbei ist der Arbeitgeber zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet. Er kann also nicht den Betriebsrat zu Grund "A" anhören und aus einem anderen Grund "B" anschließend kündigen. Ohne ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates ist eine Kündigung unwirksam. 

- Besonderer Kündigungsschutz
Darüber hinaus gibt es auch einen besonderen Kündigungsschutz, welcher für bestimmte, im folgenden genannten Personengruppen greift.

Schwangere Frauen sind durch das Mutterschutzgesetz (MuSchG) am Arbeitsplatz besonders geschützt. Sie müssen besonders vor dem Verlust des Arbeitsplatzes sowie auch vor körperlicher Überanstrengung geschützt werden. Dabei gilt der besondere Kündigungsschutz für: Angestellte, Aushilfen, Auszubildende, Leiharbeitnehmerinnen, Mini-Jobberinnen, Praktikantinnen, Hausangestellte, Schülerinnen, Studentinnen, Teilzeitbeschäftigte, Volontärinnen.

Gemäß § 9 MuSchG greift der besondere Kündigungsschutz bereits von Beginn der Schwangerschaft bis zum Ablauf von 4 Monaten nach der Entbindung und unabhängig von der Dauer des Arbeitsverhältnisses und der Betriebsgröße.
(hier ggf. noch weitere Informationen zum Mutterschutz einbauen?)

Schwerbehinderte
Als schwerbehindert gilt, wer einen Behinderungsgrad von mindestens 50 hat. Dieser wird durch die zuständige Stelle des Kreises oder der kreisfreien Stadt auf Antrag festgelegt.

Haben Sie einen Behinderungsgrad von mindestens 30 können Sie einen Antrag auf Gleichstellung stellen. Wird der Antrag positiv beschieden, haben Sie die gleichen Rechte wie ein Schwerbehinderter mit einem Behinderungsgrad von mindestens 50. 

Grundsätzlich sollen alle Unternehmen Menschen mit einer Behinderung die Teilhabe am Arbeitsleben ermöglichen. Dabei gilt für schwerbehinderte Arbeitnehmer ebenso ein besonderer Kündigungsschutz.
Gibt es also dennoch Umstände, welche die Kündigung eines behinderten Arbeitnehmers notwendig machen, müssen Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung sowie das Integrationsamt in Kenntnis gesetzt werden.
Ohne Zustimmung des zuständigen Integrationsamts ist dabei eine Kündigung unwirksam.

Nicht mehr helfen kann das Integrationsamt dagegen, wenn ein Aufhebungsvertrag durch den Arbeitnehmer unterzeichnet wurde oder aber das Arbeitsverhältnis erst weniger als ein halbes Jahr bestand.

Betriebsratsmitglieder
Wer in seinem Betrieb Mitglied des Betriebsrates ist, genießt gemäß § 15 KSchG in der Regel den Kündigungsschutz. Ausnahme hiervon ist beispielsweise, wenn der Betrieb vollständig stillgelegt wird.

Selbstverständlich darf sich ein Mitglied des Betriebsrates deswegen aber nicht wie die Axt im Walde benehmen! Denn außerordentlich gekündigt werden kann auch er. Dafür muss der Arbeitgeber einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB nennen und darüber hinaus auch hier die Zustimmung des Betriebsrates zur Kündigung einholen. Darüber hinaus ist es auch möglich, dass das Arbeitsgericht auf Antrag die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung erteilt, wenn diese durch den Betriebsrat nicht gegeben wird.

Aus den vorstehenden Ausführungen wird deutlich, dass es eine Vielzahl von Vorschriften gibt, die zu berücksichtigen sind. Ob eine Kündigung letzten Endes zu recht ausgesprochen wurde, kann nur das Arbeitsgericht beantworten. 

Finden wir bei unserer Prüfung heraus, dass Ihre Kündigung, ob Kleinbetrieb oder nicht, ob allgemeiner Kündigungsschutz oder nicht, unwirksam ist oder sein könnte, erheben wir für Sie innerhalb von 3 Wochen nach Zustellung der Kündigung die Kündigungsschutzklage.

Diese führt gemäß KSchG dazu, dass entweder das Arbeitsverhältnis fortgesetzt werden muss, oder aber Sie möglicherweise gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung erhalten, sprich: Sie lassen sich Ihr Klagerecht auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „abkaufen“.

Was ist eine Abfindung eigentlich?

Als Abfindung wird im deutschen Arbeitsrecht eine einmalige Geldzahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer genannt, die aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses geleistet wird.

Dabei gilt in der Rechtsprechung als Faustformel zur Höhe ein halbes (bis volles) Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr. Als Faustformel muss diese selbstverständlich nicht immer genau so Anwendung finden, die Vergangenheit hat dies jedoch so bestätigt.

Dabei ist zu beachten, dass eine Abfindung kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt ist, weil sie nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht der Zeit des beendeten Beschäftigungsverhältnisses zuzuordnen ist, denn die Abfindung wird wegen des Wegfalls der künftigen Verdienstmöglichkeiten gezahlt.

Von der Abfindung müssen Sie daher keine Sozialabgaben abführen, d.h. es werden keine Beträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung abgezogen.

Allerdings unterliegt eine Abfindung der Besteuerung entsprechend den Regeln über den Lohnsteuerabzug.

Im Zusammenhang mit der Zahlung einer Abfindung sind ferner Fallstricke zu beachten, um weiteren Ärger mit der Arbeitsagentur, welche bei Arbeitslosigkeit das Arbeitslosengeld I zahlt, unbedingt zu vermeiden.

Dies gilt umso mehr, wenn Ihnen ein Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrag durch den Arbeitgeber angeboten wird. Ein weiterer Grund, diesen nicht ungeprüft zu unterzeichnen. Denn es drohen Sanktionen durch die Arbeitsagentur in Form von Sperrzeiten und Sperrfristen!

Was kostet Sie eigentlich das Kündigungsschutzverfahren?

Im Kündigungsschutzverfahren werden die gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren nach dem Streitwert des Verfahrens bemessen. Der Streitwert beträgt im reinen Kündigungsschutzverfahren 3 Bruttomonatslöhne.

Im Arbeitsrecht wichtig zu wissen ist auch, dass gemäß § 12a Arbeitsgerichtsgesetz jede Partei die Kosten des eigenen Anwalts in der ersten Instanz, d.h. vor dem Arbeitsgericht, selbst trägt. Eine Kostentragung der Gegenseite, wenn sie den Rechtsstreit verliert, ist in der Regel ausgeschlossen.

Wenn Sie aus finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, die Kosten des Rechtsstreits selbst zu stemmen, beantragen wir gerne für Sie die Prozesskostenhilfe für das arbeitsgerichtliche Verfahren, diese wird in der Regel gezahlt, wenn die Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg hat und der betroffene Arbeitnehmer die Kosten des Rechtsstreits nicht selbst aufbringen kann. Hierzu müssen Sie formularmäßig Ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse darlegen, wobei wir Ihnen gerne bei der Ausfüllung des Formulars zur Seite stehen.

Ist die Prozesskostenhilfe bewilligt, müssen Sie beachten, dass das Arbeitsgericht berechtigt ist, die Kosten innerhalb von vier Jahren, z.B. in Form von Ratenzahlungen, zurückzufordern. Denn verbessern sich innerhalb von vier Jahren die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Person, welche vorher nur über ein geringes Einkommen verfügte und daher Prozesskostenhilfe erhielt, muss diese das Arbeitsgericht über eine wesentliche Verbesserung der Lebensverhältnisse informieren. Wesentlich ist dabei eine Einkommensverbesserung, wenn die Differenz zu dem bisher zugrunde gelegten Bruttoeinkommen nicht nur einmalig 100,00 € übersteigt. Auch der Wegfall bislang berücksichtigter Belastungen muss unaufgefordert mitgeteilt werden. Dies gilt es bei der Beantragung von Prozesskostenhilfe zu berücksichtigen.

Selbstverständlich übernehmen wir auch gerne die Abwicklung der Rechtsanwaltskosten über eine Rechtsschutzversicherung, sofern Sie eine solche für das Arbeitsrecht abgeschlossen haben.

Gerade aufgrund der Tatsache, dass jede Partei im Kündigungsschutzprozess ihre Rechtsanwaltskosten selbst tragen muss, bietet sich eine solche Rechtsschutzversicherung im Arbeitsrecht an.

FAZIT
Egal, ob allgemeiner oder besonderer Kündigungsschutz, Kleinbetrieb oder nicht, rechtsschutzversichert oder nicht: Vereinbaren Sie bei wie auch immer gearteten Ärger auf der Arbeit lieber früher als später einen Termin mit einem Rechtsanwalt zur arbeitsrechtlichen Beratung!
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